PG 11 Dekubitusversorgung: Wechseldruck

Leider kommen vielerorts sogenannte Wechseldruck-Matratzen als Standardversorgung bei der Therapieunterstützung zur Verhinderung oder der Behandlung von Dekubitalgeschwüren zum Einsatz, ohne das sich deren Versorgung an den individuellen Bedürfnissen des zu versorgenden Menschen orientiert.

Individuelle Versorgungen richten sich:

  • nach dem Grad der Mobilität
  • nach den häuslichen Gegebenheiten
  • nach dem Grad des Dekubitus
  • nach den vorliegenden Grunderkrankungen
  • nach dem Gewicht des Betroffenen

Mobilität: Der Grad der Mobilität ist zu berücksichtigen, wenn keine ausschließliche Bettlägerigkeit vorliegt und der Betroffene mobilisiert werden soll oder kann. Ältere Menschen welche auf Wechseldrucksystemen gelagert werden und an den Bettrand gesetzt werden, werden durch die Instabilität des mit Luft gefüllten Systemes verunsichert da sie keinen sicheren Halt beim Sitzen finden. Viele empfinden dies als unangenehm.

Bei Menschen welche eine Restmobilität aufweisen oder der Mobilitätsgrad gefördert werden soll sollte auf eine Versorgung mit Wechseldrucksystemen verzichtet werden und auf Weichlagerungssysteme ausgewichen werden, da diese über eine verstärkte Randzone verfügen welche beim Sitzen an der Stabilität geben.

Häuslichen Gegebenheiten: Die häuslichen Gegebenheiten sollten berücksichtigt werden wenn der Betroffene sich zusammen mit seinem Partner ein Bett teilt. Die mitunter (je nach zum Einsatz kommenden System) dauerhafte Geräuschkulisse durch den an das System angeschlossenen Kompressor kann zu Beeinträchtigungen der Schlafqualität des zu versorgenden sowie seines Partners führen.

Auch in diesem Fall sollte man nach Alternativen Lösungen suchen oder dafür Sorge tragen das moderne, geräuscharme Kompressoren zum Einsatz kommen.

Grad des Dekubitus: Auch ein hoher Dekubitus Grad kann nicht als ausschließliches Kriterium für die Versorgung mit einem Wechseldrucksystem angesehen werden, da auch Weichlagerungssysteme für die Therapieunterstützung bis Grad 4 zum Einsatz kommen können.

Vorliegende Grunderkrankungen: Wechseldrucksysteme sind kontraindiziert bei Menschen welche an Demenz/Alzheimer leiden da die sich im System kontinuierlichen Veränderungen des Druckverhältnisse negativ auf das Körperempfinden auswirken können. Zudem kann unter Umständen eine erhöhte Unruhe, nesteln oder aus der Luft fischen von Dingen sowie Unsicherheit und abwehrendes Verhalten des Betroffenen bei der Umlagerung beobachtet werden.

Menschen mit ausgeprägter Herzinsuffizienz und Stauungen in den Extremitäten sollten ebenfalls nicht auf  Wechseldrucksystemen gelagert werden da der in den Zellen herrschende Druck zu Stauungen in den Extremitäten führen kann welche sich als Dellen im Gewebe abzeichnen können.

Für an Parkinson, Multipler Sklerose erkrankte Menschen, oder Schlaganfall Betroffene sollte ebenfalls nach alternativen Lösungen gesucht werden da die Lagerung auf Wechseldrucksystemen zu einem erhöhtem Muskeltonus und Spastiken führen kann.

Gewicht des Betroffenen: die meisten Wechseldrucksysteme sind auf ein Patientengewicht von 40 bis 120 Kilogramm ausgelegt. Menschen mit einem Körpergewicht welches am, unterhalb bzw. oberhalb der vom Hersteller angegebenen Patientengewichte  sollten mit anderen auf dem Markt befindlichen Systemen versorgt werde, da der erwünschte therapieunterstützende Effekt sonst ausbleiben kann, bzw. es zu Hautschädigungen (Dekubitus) führen kann.

Somit kann es keine Standardversorgung, bei vorliegender Dekubitusgefährdung oder Therapieunterstützung bei vorliegendem Dekubitus, mit Wechseldrucksystemen geben.

Wechseldruck-Matratzen

Bei Wechseldruckmatratzen handelt es sich in der Regel um Matratzen-Auflagesysteme welche auf eine, auf dem Lattenrost des zur Verfügung stehenden Bettes liegende, ca  5 cm Dicke Schaumstoffauflage aufgelegt wird oder um Matratzen-Ersatzsysteme welche keine Schaumstoff Unterlage benötigen.

Wechseldrucksysteme verfügen in der Regel über 10 bis 21 Zellen von denen die obersten drei, im Kopfbereich befindlichen Zellen, eine statische, also dauerhaft belüftete, Funktion aufweisen.

Sie verfügen über eine atmungsaktive, feuchtigkeitsabweisende sowie bei 95°C waschbare PU Matrazenhaube welche das System umschließt.

Um ein verrutschen des Systems innerhalb des Bettes zu verhindern sollten die Fixierschlaufen mit dem Lattenrost verbunden werden.

Zum Aubau des Druckes innerhalb des Systems verfügen Wechseldruckmatratzen über eine Steuereinheit welche den Druck innerhalb des Systems reguliert.

  • über einen Ein/Aus Schalter lässt sich das System in Betrieb setzen oder Ausschalten
  • je nach Ausführung des Systems lässt sich eine kontinuierlicher (Statik) oder intermittierender (Wechseldruck) Druck innerhalb des Systems aufbauen
  • je nach System steht eine Anzeige für eventuelle Fehlfunktionen zur Verfügung
  • je nach System lässt sich das Gewicht an Hand einer Kilogramm Skala oder eines sich verdickenden Balkens einstellen

Alle Wechseldrucksysteme verfügen über eine, im Kopfbereich befindliche, farblich gekennzeichnete, CPR Lasche mit deren Hilfe man im Falle einer Reanimation binnen kurzer Zeit die gesamte Luft aus dem System ablassen kann.

Beim Einlegen eines Wechseldrucksystems in ein Bett mit Seitengittern ist darauf zu achten, dass die Seitengitterfunktion erhalten bleibt. Dies ist gewährleistet wenn der Abstand zwischen Matratzenoberseite bis zur Seitengitter Oberseite mindestens 22 cm beträgt. Sollte der ausgemessene Abstand unter 22 cm liegen besteht die Gefahr des über des Seitengitter rollens und somit aus dem Bett stürzens. In diesem Fall sind Erhöhungen am Seitengitter anzubringen.

Auch wenn Betroffene auf Wechseldruckmatratzen gelagert werden sind diese in regelmäßigen Abständen zu lagern. Die Lagerung sollte mindestens einmal pro Schicht bzw. alle 4 Stunden erfolgen.

Eine Lagerung auf Anti-Dekubitusmatratzen erübrigt nicht die regelmäßig durchzuführende Lagerung des Betroffenen da sie als therapieunterstützende Systeme zum Einsatz kommen.

Störfall

Störung mögliche Ursache Abhilfe
Aggregat arbeitet nicht Netzstecker ist nicht oder nur teilweise in der Netzsteckdose Netzstecker vollständig in die Netzsteckdose einführen
Netzschalter ist nicht eingeschaltet Netzschalter einschalten. Kontrollleuchte muss leuchten
Matratze wird nicht oder nur teilweise befüllt. Patient liegt durch CPR nicht komplett verschlossen CPR auf Dichtigkeit kontrollieren
Versorgungsschläuche geknickt, gequetscht oder verdreht Versorgungsschläuche prüfen und auf freie Verlegung achten
Versorgungsschläuche weisen Leckage auf Fachhändler informieren
Verbindungsschläuche und Anschlussstecker nicht richtig verbunden Auf korrekte Verbindung prüfen und diese ggf. herstellen
Zellen defekt, Luft entweicht aus Zellen Fachhändler informieren

Nicht alle Wechseldrucksysteme sind in der Lage bei einem Stromausfall den Druck im System sicherzustellen. In diesem Fall kann durch abziehen der Schläuche und aufstecken der Verschlusskappen der im System befindliche Druck gehalten werden.

Dies ist jedoch bei den jeweiligen Herstellern in deren Bedienungsanleitung beschrieben.

System-Einstellungen kontrollieren

Nachdem das System installiert wurde und für mindestens eine Viertelstunde in Betrieb genommen wurde ist der Druck innerhalb des Systems zu überprüfen. Sich allein auf die am Aggregat eingestellten Werte (Patientengewicht) zu verlassen, gewährleistet keinen sicheren Betrieb der Wechseldruckmatratze.

Mindestens einmal pro Schicht sollte man sich mit Hilfe des Handtestes von der einwandfreien Funktion des Wechseldrucksystemes überzeugen. Hierzu wird die Hand im Bereich des Beckens zwischen das Gesäß und der darunter entlüfteten Zelle geschoben. Bei optimalen Druckverhältnissen befindet sich ein Abstand von 3-4 cm zwischen dem Gesäß und der entlüfteten Zelle.

Bei Systemen welche über eine Statikfunktion ist darauf zu achten, dass die Statikfunktion mittels einer Betriebsleuchte angezeigt wird und nur in Betrieb sein darf wenn dieses für die Umlagerung oder Mobilisation erwünscht ist.

Sollte während des Betriebs der Wechseldruckmatratze ein zu hoher Systemdruck festgestellt werden so ist die Statikfunktion zu überprüfen.

Die Verordnung eines Wechseldrucksystemes kann vom behandelnden Arzt mittels eines Rezeptes erfolgen auf dem folgende Verordnungstexte zu vermerken sind:

  • Anti-Dekubitusmatratze
  • Diagnose: Dekubitus Grad 1,2,3 oder 4 und Lokalisation: Ferse, Gesäß, ….

Diese freie Definition lässt Raum für eine individuelle Versorgungsmöglichkeit welche sich an den tatsächlichen Bedürfnissen des Patienten, im Hinblick auf die Versorgung mit einer Weichlagerungs, – Wechseldruck – oder eines Micro-Stimulationssystemes, orientieren kann.

Schicken Sie das Rezept zur schnelleren Bearbeitung nicht zu ihrer Krankenkasse sondern setzen Sie sich mit einem Sanitätshaus in Verbindung. In der Regel erfolgt ein Hausbesuchstermin durch eine geschulte Fachkraft welche die für den Kostenvoranschlag benötigten Unterlagen zusammen mit dem Betroffenen, dessen Angehörigen oder den Mitarbeitern des Pflegedienstes ausfüllt.

Author: admin

Hallo, ich bin Uwe und als Admin der pflegefabrik.de verfüge ich über 30 Jahre Berufserfahrung als examinierter Krankenpfleger in den verschiedensten Bereichen unseres Gesundheitssystems. Während dieser Zeit sammelte ich langjährige Erfahrungen im intensivmedizinischen Bereich einer Akutklinik, im Pflegedienst und stationären Altenpflegebereich, qualifizierte Menschen als Dozent in der Basisqualifikation und bin als Wundexperte ICW, Ernährungs- und Dekubitusmanager im Aussendienst eines Home Care Dienstleisters tätig. Feedbacks sind erwünscht

Share This Post On

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This blog is kept spam free by WP-SpamFree.