Eine Industrienorm definiert die Pflege
Fließband Pflege oder Pflege im Akkord sind Begrifflichkeiten die mit der Industriealisierung der ambulanten und stationären Kranken- und Altenpflege einhergehen. Diese Begriffe kommen nicht von irgendwo her sondern sind hausgemachte Interpretationen dessen was die in diesen Bereichen tätigen als ihren täglichen Standard empfinden und dieses als solches auch beschreiben.
Kaum Zeit um auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der ihnen anvertrauten Menschen einzugehen. Ein Widerspruch zu dem was einem während der Ausbildung beigebracht wurde stellt den tagtäglich in Deutschland stattfindenden Pflegealltag dar.
Kein Wunder also das viele resignieren, den Versuch unternehmen sich in Flashmops zu organisieren um mit leisen Aktionen anstatt mit großen Transparenten und lautstarken Rufen auf die Probleme in der Pflege aufmerksam zu machen.
Standardisierungen in der Pflege sind ein wichtiges Mittel um eine Kontinuität der Versorgung sicherzustellen doch die Strukturen welche dafür geschaffen wurden ähneln eher einem bürokratischem Monster als einem sinnvollem Hilfsmittel.
Zeitraubende Dokumentationen, stets präsenter Personalmangel, fahrlässige Pflege am Menschen in vielen Bereichen an der Tagesordnung.
So hatte man es sich bestimmt nicht vorgestellt als 2002 mit dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz die Weichen für eine Qualitätssicherung in der Pflege gestellt wurden. Anstatt sich in diesem Zusammenhang über eine eigens für den Gesundheitssektor zu entwerfende Normierung Gedanken zu machen zog man die in der fertigenden Industrie sich schon bewährende DIN EN ISO 9001 sowie andere Qualitätsmanagementsysteme wie EFQM, TQM, KTQ heran und stülpte diese dem Gesundheitswesen über.
Seit dem werden Strukturen geschaffen, Prozesse definiert und auf Ergebnisse gesetzt welche nur selten erreicht werden obwohl an allen Stellen emsig dokumentiert und evaluiert wird.
Für externe Dienstleister und Berater wurde das Tor zum Schlaraffenland aufgestoßen, fanden diese doch mit ihren in der Industrie praxiserprobten Assessments und Beratungsinhalten neue, nun nach betriebswirtschaftlichen Vorgaben arbeiten müssende Märkte vor.
Über 10 Jahre nach Einführung des PQSG und den in dieser Zeit folgenden Novellierungen des Gesetzes sind mittlerweile so viele stationäre Einrichtungen und ambulante Pflegedienste nach DIN EN zertifiziert das am Produkt Mensch eigentlich alles in Ordnung sein sollte.
Dem ist nicht so. Denn gerade die durch Deutschland strömende Zertifizierungs-Welle nach DIN EN weicht die Möglichkeit gute von schlechten Pflegediensten oder stationären Einrichtungen unterscheiden zu können wieder auf, verwässert die Ergebnisse und lässt einen Vergleich nicht mehr zu.
Gut dran ist wer nicht auf dieses Pferd aufgesprungen ist, sich die regelmäßigen Gebühren für Prae,- Haupt- und Postzertifizierungsverfahren spart und diese in Personal investiert um Druck aus dem Kessel zu lassen.
Besser dran ist wer gleich auf ein höherwertiges Zertifizierungsverfahren wie zum Beispiel TQM gesetzt hat da er sich alleine schon durch die Bewerbung zur TQM Zertifizierung von der Masse abhebt und sich mit den DIN EN 9001 zertifizierten nicht vergleichen lässt.
Noch besser dran sind jedoch jene welche sich nach EN DIN 15224 : 2012 zertifizieren lassen, da sie dann nach einer Norm zertifiziert sind welche auf die Bedürfnisse des Gesundheitswesensausgerichtet wurde, deren Begrifflichkeiten auf die Anforderungen im Gesundheitswesen zugeschnitten ist und als qualitativen Maßstab das Ergebnis in den Focus rückt und nicht die Strukturen und Prozesse.
Für einen nicht enden wollenden Wettbewerb ist also gesorgt. Wer heute meint mit 9001 die Nase vorn zu haben, der irrt.
Aufsatteln statt Stillstand ist die Devise und wer morgen noch mit 9001 für seinen Pflegedienst wirbt wird wohl das Rennen welches er zuletzt noch gewonnen zu haben schien, morgen dann verloren haben.
Der kontinuierliche Verbesserungsprozess des Wettbewerbs in der Gesundheitsbranche, wenn man so will.
Ob es den Patienten etwas bringt oder es in der Umsetzung eher gelebt wird als die bisher zur Verfügung stehenden Qualitätsmanagementsysteme bleibt abzuwarten. Zumindest im Ansatz ist mit der EN DIN 15224 ein auf die Anforderungen des Gesundheitswesens angepasstes, längst überfälliges QM System veröffentlicht worden.