DIN EN 15224:2012 im Gesundheitwesen
Im Dezember 2012 wurde mit der DIN EN 15224:2012 eine branchenspezifische Norm für das Gesundheitswesen veröffentlicht.
Im Gegensatz zur DIN ISO 9001, welche sich als reine Industrienorm in acht Kapiteln den Mindestanforderungen eines Qualitätsmanagementsystems widmet denen ein Unternehmen zu genügen hat um Produkte und Dienstleistungen bereitstellen zu können, fordert die DIN EN 15224 die Auseinandersetzung :
- mit den Anforderungen der an externe Dienstleister vergebenen Prozesse (Schnittstellenvereinbarungen)
- mit der Implementierung eines Risikomanagements
- mit der Erhaltung der Betriebsfähigkeit (Infrastruktur) im Störfall
- dem Datenschutz (Patientendaten,- akten,- eigentum)
- sowie dem Wissensmanagement
Die DIN EN 15224 : 2012 basiert auf der DIN ISO 9001:2208, geht jedoch deutlich über deren Anforderungen hinaus und dient den im Gesundheitswesen tätigen Unternehmen als Möglichkeit, sich mit Hilfe einer bereichsspezifischen Norm, im Wettbewerb der Gesundheitsdienstleister einen Vorteil zu erlangen.
Neben den in der DIN ISO 9001 : 2008 definierten acht Qualitätsgrundsätzen, weist die DIN EN 15224 elf weitere Qualitätsmerkmale auf, welche den Begriff „Qualität“ im Gesundheitswesen konkretisieren.
- Angemessene und richtige Versorgung
- Verfügbarkeit
- Kontinuität der Versorgung
- Wirksamkeit
- Effizienz
- Gleichheit
- Evidenz basierte – wissensbasierte Versorgung
- auf den Patienten, einschließlich der körperlichen und geistigen Unversehrtheit ausgerichtete Versorgung
- Einbeziehung des Patienten
- Patientensicherheit
- Rechtzeitigkeit und Zugänglichkeit
Mit der Implementierung der DIN EN 15224 im Unternehmen wird das „Konzept Gesundheit“ klar definiert, da der Schwerpunkt der Norm eindeutig auf dem klinischen Prozess- und Risikomanagement liegt.
- bei den klinischen Prozessen handelt es sich um die zentralen Prozesse der Gesundheitsversorgung bei denen die Identifikation der Erwartungen des Patienten oder anderer interessierter Parteien zur Schaffung stabiler und steuerbarer Prozesse führt um zu einem zufriedenstellendem Ergebnis zu kommen
- Forschungsprozesse dienen dazu, Wissen weiter zu entwickeln um zu einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung beizutragen
- die Bildungsprozesse sind als Teil der kontinuierlichen Verbesserung anzusehen da sie sich mit der Fort- und Weiterbildung, der Spezialisierung innerhalb des Gesundheitswesens beschäftigen
Das Risikomanagement dient der Sicherstellung einer hohen Qualität innerhalb der Gesundheitsdienstleistungen sowie der Minimierung unerwünschter Zwischenfälle, Beinahe Unfälle oder Fehlern bei der Behandlung sowie der Nichteinhaltung gesetzlicher und behördlicher Vorgaben.
Für wen ist die DIN EN 15224 geeignet?
Ob in Krankenhäusern als Alternative zur KTQ, Rehabilitationseinrichtungen, Arzt Praxen oder Home Care Dienstleister. Die DIN EN 15224 : 2012 eignet sich als branchenspezifische Norm für alle Dienstleister im Gesundheitswesen.
Bei der Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystem in neu gegründeten Unternehmen des Gesundheitswesens sollte von Beginn an über eine Alternative zur DIN ISO 9001 nachgedacht werden.
Für bestehende QM Systeme nach DIN ISO 9001 bietet sich eine Ergänzung des QM Systems um die Qualitätsmerkmale der 15224 sowie dem Risikomanagement an.
Was ist anders als in 9001?
Unterschiede finden sich zum Beispiel in den Begrifflichkeiten. Während die 9001 vom Kunden spricht -in der Pflege etabliert jedoch nicht gelebt- bezeichnet die 15224 die „Zielperson der Versorgung“ wieder als Patienten. In der Gesundheitsbranche übliche Begriffe ziehen mit der 15224 wieder in die Branche ein welche sich zwar im Rahmen der ISO 9001 Implementierung an deren Begrifflichkeit gewöhnte diese jedoch nie wirklich in die Tat (Der Kunde ist König) umsetzen konnte.
Es werden „klinische Prozesse“ definiert welche nicht nur für die Mitarbeiter des Gesundheitswesens gelten sondern auch die Prozesse lenken welche vom Patienten selbst oder dessen Angehörigen ausgeführt werden. Der Blick über den Tellerrand, die Verantwortung für Information, Beratung und Anleitung des Patienten oder seiner Angehörigen um den Erfolg der Maßnahme zu gewährleisten.
Eine ebenso große Rolle spielt auch die Lenkung der externen, fremdvergebenen Prozesse, insofern diese direkt oder indirekt Auswirkung auf die Qualität des zu zertifizierenden Unternehmens haben können. Dies kann durch sogenannte Schnittstellenvereinbarungen erfolgen in denen die Festlegung der gegenseitigen Leistungserbringung erfolgt.
Konnten Gesundheitsdienstleister in der ISO 9001 den Normabschnitt 7.3 Entwicklung noch ausschließen, so gilt in der branchenspezifischen Norm 15224 schon das Anwenden neuer Verfahren, der Neugestaltung klinischer Prozesse oder das einbinden neuer Prozesse in das QM System als Entwicklungstätigkeit.
15224 oder warten auf die „neue“ 9001:2015?
Die neue DIN ISO 9001:2015 wird um zwei weitere Abschnitte (Leistungsbewertung und Verbesserung), auf dann 10, erweitert, verstärkt den prozessorientierten Ansatz und berücksichtigt das Risiko- und Wissensmanagement.
Auch die 9001:2015 wird eine sich an der Industrie orientierende Norm, welche den Versuch unternimmt durch Ausweitung der Normabschnitte und Integration eines Wissensmanagements den spezifischen Anforderungen des Gesundheitswesens gerecht zu werden.
Wer einen Wettbewerbsvorteil als Gesundheitsdienstleister erlangen möchte kommt um die DIN EN 15224 : 2012 jedoch nicht herum.
Kostenträger werden von dieser Norm, wenn sie denn endlich um sich greift, begeistert sein und diese als Standard für alle Dienstleister im Gesundheitswesen definieren.
Ihr ISO 9001 Zertifizierer wird ihnen diesen Sprung in eine branchenspezifische Norm ausreden wollen. Jedoch nur weil er sich mit der Materie Gesundheitsdienstleistung nicht auskennt oder nach DIN EN 15224 keine Zertifizierung durchführen kann.
In diesem Sinne: Auf zu neuen Ufern und der 15224 eine (wenn auch arbeitsintensive) Chance.